Wer bei einer Partnervermittlung klingelt, sucht kein Abenteuer, sondern jemanden zum Heiraten. Das kostet, klar. Da sucht ein „internationale Unternehmer, Visionär, gut aussehend und voller Charme“ oder der „Elite-Traummann und Polospieler, herzlich und kreativ“ die Partnerin fürs Leben. Klingt zu gut, um wahr zu sein, und zu prätentiös, als dass jemand heute noch ernsthaft darauf antwortet. Und doch boomen Partnervermittlungen, gerade in Zeiten von Corona. 2020 sei das beste Geschäftsjahr für Christa Appelt gewesen. Die Unternehmerin vermittelt seit fast 30 Jahren gut situierte Singles in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Aktuell seien 2500 Kunden in ihrer Kartei.
Frau Appelt, wir haben uns gefragt, ob eine klassische Partnervermittlung überhaupt noch zeitgemäß ist.
99 Prozent meiner Kunden haben die Liebe bereits auf Singlebörsen im Internet gesucht. Ohne Erfolg, weil in der Masse der Verfügbarkeit Werte und Tiefe verloren gehen, Kinder, Kilos oder bestehende Ehen verschwiegen werden.
Wie muss man sich Ihre Kunden vorstellen?
Erfolgreich, anspruchsvoll, akademisch, etwas mehr Frauen als Männer. Vor allem aber sind es Menschen, die ernsthaft einen Partner suchen, nicht irgendein Abenteuer. Zurzeit haben sich sehr viele Jüngere gemeldet, Männer ab Mitte 30, Frauen ab Mitte 20. Das liegt an der Pandemie: Die Menschen besinnen sich, was ihnen wirklich im Leben wichtig ist: Karriere oder privates Glück.
Wie finden Sie denn den passenden Partner?
Meine acht Mitarbeiterinnen und ich kennen jeden der 2500 Kunden persönlich, führen zu Beginn Gespräche, die drei oder vier Stunden dauern. Danach erkenne ich, was der- oder diejenige wirklich sucht.
Wie das?
Ich habe jahrzehntelange Erfahrung sowie eine tiefe Empathie und kann mich gut in Menschen hineinversetzen. Es geht um Werte, den sozialen Background, Kinderwunsch, Religion, Zukunftsvorstellungen. Übereinstimmung in diesen Punkten ist wichtig, ich kann keine internationale sozialisierte Frau mit jemandem zusammenbringen, der nur die Ostsee kennt. Bei Hobbys fallen übrigens Golf und Reiten in die Waagschale, extrem zeitaufwendige Sportarten. Das müssen schon beide mögen.
Wird das Märchen von Aschenputtel und dem Prinzen bei Ihnen wahr?
Model sucht Millionär, das mache ich nicht. Das klappt nämlich nie, ein perfekter Körper langweilt irgendwann. Die Partnerin eines erfolgreichen Unternehmers ist mehr als ein schönes Anhängsel, sie muss selbstbewusst und smart sein, Gäste unterhalten, Empfänge geben können.
Und was will eine erfolgreiche Frau?
Es ist selten ein Match, wenn die Frau eine höhere Position hat und mehr Geld verdient. Dazu fehlt den meisten Männern das Selbstbewusstsein.
Wirklich? Überprüfen Sie eigentlich die Angaben Ihrer Kunden?
Ich habe noch nie erlebt, dass sich ein vermeintlicher CEO als Hausmeister entpuppt. Davor schützet auch das Honorar: ab 4500 Euro bis 30000 Euro. Das kostet der zwölfmonatige VIP-Service für Prominente oder besonders Anspruchsvolle mit sehr genauen Vorstellungen.
Das ist mindestens das Zehnfache von Singlebörsen!
Ja, aber scheitert die Vermittlung, bleiben Sie unabhängig vom Vertrag meine Kundin, und ich suche weiter für Sie.
Wie läuft das Kennenlernen ab?
Wir schreiben über jeden ein Exposé. Es ist die Basis für unsere Zusammenarbeit und wird mit Einwilligung des Kunden an potenzielle Interessenten geschickt. Gefallen Beschreibung und Fotos, bekommt der Mann die Telefonnummer der Dame, nicht andersherum! Meine Regel: Das erste Telefonat sollte nicht länger als 15 Minuten dauern. Das Ziel ist, ein Date zu vereinbaren, nicht, Punkte seiner Wunschliste abzuchecken. Zweite Regel: nicht über den Beruf reden, lieber heitere Themen aufgreifen, Träume, Reisen… Gleiches gilt für die ersten Treffen. Auch Sex sollte anfangs tabu sein.
Halten sich alle dran?
Nein, es wäre aber Erfolg versprechender.
Apropos: Wie hoch ist Ihre Erfolgsquote?
Wann beginnt Erfolg? Nach drei Wochen? Wenn geheiratet wird? Eine Quote ist schwer zu ermitteln, da wir ohne Kontakt- bzw. Zeitlimit für unsere Kunden arbeiten. Über 90 Prozent meiner Paare bleiben zusammen, die schnellste Hochzeit gab es nach drei Wochen – übrigens der Gründer einer Online-Partnerbörse.
Liegen Sie auch mal daneben?
Natürlich, es kommt vor, dass meine innere Stimme „Wow“ sagt und die beiden sich danach nicht verlieben. Aber es gibt auch Paare, die wollten sich nicht mal kennenlernen und die ich in ihr Glück beinahe reinreden muss.
Hat sich die Liebe mit der Zeit verändert?
Die Liebe nicht, und man darf auch nie den Glauben daran verlieren. Was sich verändert hat, sind die Frauen. Einige laufen Gefahr, dass sie über den Anspruch, alles unter einen Hut kriegen zu wollen – Karriere, Selbstverwirklichung, Kinder -, ein Stück Weiblichkeit einbüßen. Denn Männer wünschen sich immer noch eine hübsche, liebevolle und vor allem unkomplizierte Frau.
Das klingt sehr, äh, traditionell.
Genau diese Tradition und Werte unterscheiden uns von Online-Angeboten. Das sind Wühltische.
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