Weshalb die Partnersuche im Internet problematisch ist…

Weshalb die Partnersuche im Internet problematisch ist…

Dass das Internet nicht mehr allein über unseren Informationsdurst, Bilder-Hunger und unseren Konsum entscheidet, sondern auch längst als zuverlässiger Lieferant von „Partnerware“ dient, stimmt uns nachdenklich. So haben in einer aktuellen Umfrage der Partnervermittlung Christa Appelt 53% der Befragten angegeben, vorrangig das World Wide Web zu nutzen, um jemanden kennenzulernen.

Es geht um das echte, ungefilterte und sinnlich Leben

Was demnach einem Großteil unserer Gesellschaft als normal, ja etabliert erscheint, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als kurios. Wenn nicht sogar als paradox. Denn während wir uns in Zeiten von allgegenwärtiger Digitalisierung aka Smartphones, Sprachassistenten, Navigationssystemen, Social Media und dem Internet der Dinge einerseits über mangelnde zwischenmenschliche Kommunikation und eine signifikant steigende automatisierte Selbstbezogenheit beschweren – was einige Wissenschaftler bereits zur These einer Verkümmerung, ja Verrohung der Gesellschaft verleitet – sourcen wir andererseits das vielleicht Persönlichste und Intimste wie selbstverständlich aus. Und bringen uns damit einmal mehr um das echte, ungefilterte, sinnlich erfahrbare Erleben im realen Raum.

Die Illusion von Sicherheit bei der Partnersuche

„Vielen scheint das Netz gerade im Bezug auf die Partnersuche Sicherheit zu geben.“, so Christa Appelt. „Es funktioniert als eine Art Schutzwall, wo Anonymität bei gleichzeitiger Option auf perfekte Selbstinszenierung den User vor vermeintlichen Enttäuschungen, die im echten Leben drohen, bewahren.“ Tatsächlich fällt es in den Tiefen des Internets leichter, sich aufregender, spannender, geheimnisvoller, attraktiver und allgemein interessanter zu geben als man vielleicht ist – vorausgesetzt man verfügt über ein Mindestmaß an Schreibfertigkeit, Spontanität und Witz. Sowie an Grundkenntnissen über Photoshop und andere Filterprogramme, um das eigene Profilbild noch schön zu pimpen. Sofern es überhaupt das eigene ist…

Nähe suchen, aber Distanz wahren wollen

Das Netz mitsamt seiner unzähligen Möglichkeiten zur Partnersuche fungiert mithin als ein sprichwörtliches „Sicherheitsnetz“, wo wir, noch so ein Paradoxon, die nötige Distanz wahren können – obwohl wir doch eigentlich Nähe suchen. Die Deutungshoheit über unsere Person, unseren Charakter, unsere Stärken und Schwächen soll allein uns vorbehalten sein. Und erst, wenn der bzw. die Andere sich als digital würdig erwiesen hat, darf aus dem elektronischen Kommunikationspartner ein echtes Gegenüber werden. Wobei die erste Begegnung im „Analogen“ dann oftmals eine herbe Enttäuschung ist.
Warum ziehen wir den virtuellen Raum immer mehr dem realen vor? Erscheint er uns tatsächlich „sicherer“ oder „einfacher“, zumal wir uns dort auf nichts wirklich einlassen oder uns generell festlegen müssen, oder sind wir einfach nur bequem und faul geworden? Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beiden Faktoren. Wohin wird uns das bringen? Dass wir den Wunschpartner demnächst „streamen“…???

Ein Plädoyer für das „echte Leben“

„Dass immerhin noch 37% der Befragten angegeben haben, regelmäßig auszugehen, um eine neue Bekanntschaft zu machen, gibt mir Hoffnung.“, sagt Christa Appelt. „Aber dennoch schwindet dieser Anteil. Freundschaft und Liebe per Mausklick bleibt für viele die einzig wahre Alternative; und belegt einmal mehr, dass wir die Konfrontation mit den Herausforderungen des wirklichen Lebens immer mehr scheuen.“

Schaffen wir wieder mehr Raum für echte Emotionen und Erfahrungen

Wir trainieren uns dank Navis und Sprachassistenten unsere natürlichen Instinkte und unseren Orientierungsssinn ab. Wir lagern sowohl manuelle als auch mentale Fertigkeiten zunehmend an Gadgets aus, weil wir sie als zeitraubend, lästig oder ablenkend empfinden. Da ist es nur eine „natürliche“ Folge, dass wir auch die Freundes- und Partnerwahl auf elektronischem Weg „erledigen“. Und merken bei alldem nicht, dass wir uns durch das Aufgeben genuiner menschlicher Tätigkeiten und Interessen um echte Emotionen und nachhaltige Erfahrungen bringen. Was gleichsam einer Selbstkastration gleichkommt.

Gehen Sie mit offenen Augen und Ohren durchs Leben

„Ein alter, aber ungemein weiser Spruch besagt, dass wir vom Leben lernen.“, sagt Christa Appelt. „Daran sollten wir uns erinnern.“ Höchste Zeit also, rauszugehen. Das Leben bei den sprichwörtlichen Hörnern zu packen. Begegnungen zuzulassen. Situationen mit allen Sinnen zu erfassen und zu genießen. Und etwaige Schwierigkeiten nicht per Knopfdruck zu eliminieren, sondern ihnen gezielt entgegentreten und sie souverän meistern. Worauf warten Sie noch…?!

 

Bildrechtenachweis: © Lakov Filimonov – Shutterstock

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